Woche 4-7, Prägephase
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Ist bisher alles normal verlaufen, war es für mich eine relativ ruhige Zeit. Ich konnte mich vorwiegend darauf beschränken, zu überwachen, ob alle Kinder gut gedeihen. Ist die Hündin instinktsicher und gesund, kommt schnell der Milchfluss in Gang, alle Welpen werden ausreichend ernährt, und die Mutterhündin hält die Welpen sauber und ihre
Verdauung in Funktion. Ich sorge für stets saubere Betten und bestes Futter für die Hündin. Wurmkuren bekommen die Welpen bereits ab dem 7. Lebenstag; wir wollen den hässlichen Schmarotzern erst gar keine Chance geben. Größere Dosen an Schmusen und Küsschen gehören natürlich sowieso dazu.
Und obwohl man meint, dass die Welpen in den ersten drei Wochen doch “noch gar nichts” können, lassen sich bereits in diesem Alter teilweise deutliche Verhaltensunterschiede feststellen! Es gibt Pomadige, die immer ruhig und mit allem zufrieden sind. Andere wiederum sind hibbelig und stets auf der Suche nach dem NOCH besseren, sei´s nach der besseren Zitze oder dem wärmeren Plätzchen. Manche hört man nie, andere sind oft am Quengeln und Quiemen. (Ohne dass
es ihnen tatsächlich an etwas mangelt.) Manche geben schon kurz nach der Geburt ihrem Missfallen über irgendwelche Umstände mit Knurren (im Sopran natürlich) Ausdruck. Es ist also keineswegs “einer wie der andere”. Nur um das zu bemerken, muss man sie natürlich um sich haben und beobachten. Sind sie irgendwo weggesperrt, bekommt man von diesen Dingen selbstredend nichts mit.
Mit zunehmender Mobilität der Welpen zeigen sich dann
auch ihre individuellen Eigenschaften schon immer deutlicher. Jetzt gilt es, ihre erwachenden Fähigkeiten behutsam zu entwickeln. Sind die Welpen nun in einen Zwinger gesperrt, lässt man all ihre Anlagen
verkümmern, anstatt sie zu fördern. Die Hunde verblöden früh. Dazu kommt außerdem: “Müßiggang ist aller Laster Anfang”. Unterforderte, gelangweilte Welpen suchen nach Beschäftigung. Dabei zerstören sie nicht nur alles mögliche, sondern sie geraten dabei auch extrem häufig in Streitereien, die schon jetzt recht harsche Formen annehmen
können. Da niemand eingreift, vielleicht sogar die Mutter schon “zur Schonung” (!) entfernt wurde, lernen die Welpen auf diese Weise früh, dass das Recht des Stärkeren die Welt regiert: Wer am gefährlichsten knurrt und am dollsten beißt, bekommt den besten Ruheplatz und das meiste Futter. Das sind alles keine guten Voraussetzungen, um später möglichst harmonisch und konfliktarm in einem gemischten Rudel unserer
zivilisierten Welt zu leben.
Es gehört einiges Fingerspitzengefühl und eine ganze Menge Wissen dazu, die Welpen richtig und ihren Fähigkeiten angemessen zu fördern. Man kann des Guten auch zu viel tun und die armen Welpen mit Reizen überfluten und dadurch total überfordern. Es würde zu Nervosität kommen, weil die Kleinen das Zuviel nicht verarbeiten können. Im günstigen Fall versuchen sie, sich durch Rückzug und Schlaf zu entziehen, so man sie lässt. Es kann aber auch zu Hysterie und allerlei unangenehmen Übersprungshandlungen kommen, und letztlich bewirkt man das Gegenteil des eigentlich Erwünschten. Maßhalten
ist also das Gebot auch in dieser Zeit.
Selbstverständlich kann man die Welpen in dieser Phase des Die-Welt-Entdeckens nicht ständig frei herumlaufen lassen. Man käme zu keinerlei Arbeit in Beruf oder Familie und müsste sich außerdem spätestens nach jedem Wurf eine neue Einrichtung zulegen, da
man unmöglich drei, vier oder fünf Welpen gleichzeitig davon abhalten kann, den Teppichboden aufzuribbeln, ein Tischbein anzunagen oder die Akten in Schnipsel zu zerlegen. Schlimmer noch, man hätte vielleicht den einen oder anderen Toten zu beklagen. Vielfältige Gefahren lauern überall: Man kann im Gartenteich ertrinken, sich von der Treppe zu Tode stürzen, dem Genuss einer giftigen Zimmerpflanze erliegen oder mit 230 V an einem durchgekauten Kabel gebraten werden. Ergo: Zu ihrem eigenen Schutz müssen die Welpen zumindest zeitweise eingesperrt werden. Hierzu haben wir verschiedene Möglichkeiten im Garten und Wintergarten entwickelt, die je nach Alter und Zahl der Welpen abhängig von Wetter und Jahreszeit genutzt werden. Die
Welpenausläufe drinnen wie draußen
sind vielfältig gestaltet. Natürlich haben sie alle mehrere Schlaf- und Ruheplätze. Um all die neuen Eindrücke verarbeiten zu können,
muss der kleine Hund jederzeit Gelegenheit haben, sich zum schlafen zurückziehen zu können. Und falls dann ein Geschwisterchen im einen Haus gerade “Ich verteidige meine Burg” spielt und keinen hineinlässt, nuja, - geht man eben ins andere.
Die Welpen haben (wechselweise, niemals alles gleichzeitig!)
allerlei Kau-, Beiß- und Beutespielzeug zur Verfügung. Man kann üben, schwere Sachen (einen Stock) fort zu tragen, an anderen zu ziehen, auf dem nächsten kann man herumkauen, und das übernächste erfordert völlig neue Techniken, da es sich überhaupt (noch) nicht packen lässt: ein Ball. Es gibt Äste zum drüberhüpfen, darauf klettern oder sich darunter
durchgraben.
Um den Steintunnel kann man herumrennen und “fangen” oder "verstecken" spielen, und mit der eigens angelegten Sand-Buddelkiste hofften die Menschen zu verhindern, dass ständig die Zaunpfähle ausgegraben werden... Es gibt ein Wackelbrett, über das man tobt, wobei man gleich lernt, dass wackelige Untergründe nicht zum fürchten sind. Manche Sachen gibt es nur mit menschlicher Aufsicht: z.B. die Wippe, falls sie nicht so niedrig ist, dass garantiert kein Welpe darunter eingeklemmt werden kann. Auch Stofftunnel und Bällchenbad stehen nur zeitweise “mit Mensch” zur Verfügung.
Natürlich ist es wichtig, dass die Welpen in ihrem
“Spielzimmer” ein möglichst vielfältiges Angebot haben. Dennoch muss auch ihr Sozialverhalten überwacht und ggf. auch schon gelenkt werden. Im günstigen Fall hilft hier auch die Mutter, indem sie beispielsweise
Streitereien unter den Welpen energisch unterbindet. Bei uns wird keine Mutterhündin zwangsweise von den Welpen entfernt, sondern sie kann weitgehend selbst entscheiden, ob sie mit den Welpen zusammensein möchte. Auch ihre Vorbildfunktion ist nicht zu unterschätzen. Die Welpen schauen sich eine Menge von ihr ab. Hat man eine Hündin,
die bei jeder Kleinigkeit in Gekläff verfällt, werden die Kids bald kräftig mitmischen. Eine ausgeglichene Mutterhündin, die nur bei “ernsten
Anlässen” bellt, erzielt eine ganz andere Reaktion: Ihr Bellen führt dazu, dass die Kleinen ruckzuck Schutz in einem Versteck suchen und mucksmäuschenstill sind.
Auch von unserer Seite erleben die Welpen schon frühzeitig Folgen ihres Verhaltens. Ich kann sehr genau unterscheiden, wenn der Ton einer Welpenbalgerei von “Spiel” in “Ernst” umkippt.
In dem Moment werden sie heftig angeschimpft. Meistens beeindruckt sie
das sehr, und sie hören sofort mit dem Gerangel auf. Anders herum erntet beispielsweise ein frei laufender Welpe, der so nett kommt, wenn
man ihn ruft (lockt), gleich ein riesengroßes Lob. Das Kommen ist in dieser Situation natürlich noch purer Zufall, aber der kleine Hund lernt gleich, dass es immer (IMMER!) angenehm für ihn ist, wenn er zum Menschen kommt.